Was sind Persönlichkeitsstörungen?

Unter dem Begriff „Persönlichkeitsstörungen“ fasst man bestimmte Erlebens- und Verhaltensmuster zusammen, die meist schon seit der Jugend oder dem frühen Erwachsenenalter bestehen und recht weitreichend in ihrer (negativen) Beeinflussung der zwischenmenschlichen Beziehungen und des Befindens der betroffenen Person sind.

Dieses Muster im Fühlen, Denken, Wahrnehmen und Verhalten ist relativ konstant und situationsübergreifend vorhanden und trägt einer geänderten Persönlichkeit im Fühlen, Denken, Wahrnehmen Rechnung.

Was wird unter “Besonderheiten” im Fühlen, Denken, Wahrnehmen und Verhalten verstanden? Ab wann wird aus einem Persönlichkeitsstil eine Persönlichkeitsstörung?

Vorab sei gesagt, dass alle Menschen mindestens ein Kriterium einer Persönlichkeitsstörung erfüllen. Um die diagnostischen Kriterien von Persönlichkeitsstörungen zu erfüllen, müssen jedoch eine gewisse Anzahl von Merkmalen in gewisser Ausprägungsintensität und über gewisse Dauer vorliegen, die darüber hinaus zu relevanten Beeinträchtigungen des persönlichen Lebensvollzugs führen.

Die internationalen Kriterien für Ärzte und Psychologen liegen verbindlichen Diagnosesystemen zu Grunde und vergleichen die Persönlichkeitsmerkmale auf eine „besondere Abweichung“ mit der Mehrheit der Bevölkerung eines bestimmten Kulturkreises oder einer Subkultur. Eine Abweichung wird von den Betroffenen meist nicht erkannt sondern mit einem ungewöhnlichen Verhalten der Mitmenschen interpretiert.

Psychotherapeutische Relevanz ist dann gegeben, wenn die Besonderheiten der Persönlichkeit beim Betroffenen zu Leid oder Symptomen wie zum Beispiel Depressivität, Einsamkeitsgefühlen, Angst, Aggressivität oder Abhängigkeit führen.

Jeder Mensch, auch wenn er die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung erhalten hat, trägt auch positive, gesunde und unproblematische Anteile in sich.

Die Anteile, die von ihm selbst oder seiner Umgebung als problematisch empfunden werden, haben sich entwickelt, weil eine frühere Lebenssituation dies verlangt hat, und vielleicht auch heute noch wichtige Funktionen von ihnen erfüllt werden. Eine Persönlichkeitsstörung ist ein normales Verhalten auf eine abnorme Erfahrung.

Aufgrund klinischer Beobachtungen und empirischer Befunde wurden verschiedene spezifische Persönlichkeitsstörungen mit jeweils spezifischen charakterisierenden Merkmalen definiert, darunter zum Beispiel die bekannter gewordene emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (Borderline-Persönlichkeitsstörung abgekürzt Borderline-Persönlichkeitsstörung).

 Persönlichkeitsstörungen: Cluster-Einteilung nach DSM-IV und ICD-10 

 

ICD-10 DSM-IV
Cluster A
sonderbar,
exzentrisch
paranoide PS (F60.0)
schizoide PS (F60.1)
paranoide PS
schizoide PS
schizotypische PS
Cluster B
dramatisch,
emotional
emotional instabile PS: vom Borderline-Typ
oder vom impulsiven Typ (F 60.3)
histrionische PS (F60.4)
dissoziale PS (F60.2)
Borderline-PS
histrionische PS
antisoziale PS
narzisstische PS
Cluster C
ängstlich,
vermeidend
ängstliche PS (F60.6)
abhängige PS (F60.7)
anankastische PS (F60.5)
passiv-aggressive PS (F60.8)
selbstunsichere PS
dependente PS
zwanghafte PS
(passiv-aggressive PS)

 

Thomas Voiß
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